Fußballturnier aus der Sicht des Erste-Hilfe-Zeltes

Es ist halb acht Uhr morgens, als ich auf dem Sportplatz ankomme und noch ist nichts von den Schülermassen zu sehen, die den Platz in einer halben Stunde bevölkern sollen. Herr Schwierz zieht nochmals mit dem Kreidewagen die Linien nach, die durch den Morgentau ziemlich verblasst sind und Frau Försch gibt Anweisungen, wo genau das Zelt der Moderatoren aufgebaut werden soll. Ich kümmere mich zwischenzeitlich mit einigen Berufsschülern aus dem Aufbauteam um das Erste-Hilfe-Zelt, das ich heute mit der GZ10a betreiben werde. „Hoffentlich werden wir es nicht brauchen!“ denke ich mir beim Aufbau. So sehr ich nämlich vom Können meiner Schüler überzeugt bin, habe ich es in meinem Zelt lieber ruhig. Unter den Bäumen zwischen Fußball- und Basketballfeld werden die Biertische für die „Schlemmermeile“ aufgestellt, an der die einzelnen Klassen der Berufsschule selbstgemachtes Essen, Dosenwerfen und sogar Henna-Tattoos anbieten.

So langsam füllt sich der Platz mit regem Treiben. Schüler und Lehrer wuseln übers Fußballfeld, die Mannschaften haben sich in ihre Sporttrikots geworfen, machen sich für die ersten Spiele warm und SchulleiterinFrau Reuß schnappt sich das Mikrophon, um allen Mannschaften viele Tore und faire Spiele zu wünschen. „Und wenige Verletzte“, füge ich in Gedanken hinzu.

Etwas verspätet pfeifen die Schiris die Spiele an und dann geht es auch schon los. Da kicken lustige Teams wie die „Spitzkopflarrys“ gegen die „Class on Grass“ und die „Leoparden“ liefern sich ein hitziges Duell mit den „Sportsfreunden Auer“. Im Acht-Minuten-Takt wechseln sich die Mannschaften ab und es wird kein bisschen langweilig. Nicht zuletzt, weil Nico H. und Vincent B. aus der E 11a als DJs für genau die richtige Musik im Hintergrund sorgen. Zumindest finde ich das, denn ein paar Mädels wollen schon nach wenigen Minuten die beiden Jungs überreden, die rockige Musik von Metallica gegen eine Playlist auf ihren Handys einzutauschen. Aber man(n) ist ja kompromissbereit 😉

Als nach zwei Stunden immer noch keine größeren Verletzungen im Erste-Hilfe-Zelt verarztet werden mussten, beginnen meine Helferinnen aus der GZ10a sich tatsächlich zu wünschen, dass „jetzt mal was passiert“. Zum Glück sprechen uns genau in diesem Moment zwei Jungs an, ob wir nicht an einem Quizspiel über die Ukraine teilnehmen wollen. Es sind Austauschschüler aus Wischgorod, einer Partnerstadt von Eichenau. Die zehn Schüler und ihre beiden Lehrkräfte brauchen nicht lange um uns zu überzeugen, und so wir finden unter anderem heraus, dass der höchste Berg der Ukraine der Howerla ist und man dort mit Hrywnja bezahlt.

In der Zwischenzeit machen die Moderatorinnen Stefanie W. und Johanna S. aus der WS10b mit viel Humor eine Wettervorhersage für den restlichen Tag. Sonnig und sehr heiß soll es bleiben. Meine Schülerinnen im Erste-Hilfe-Zelt kommen auf die Idee, großzügig Sonnencreme zu verteilen. Ein guter Plan, jedoch stehen jetzt die Fußballer Schlange und ich frage mich, ob das wohl an der Sonnencreme liegt.

Dann humpelt eine Spielerin ins Zelt und die Sonnencreme ist erst einmal vergessen. Ihr Knie ist angeschwollen und es muss mit Eis gekühlt werden. Auf meine Frage hin, ob sie mit einem Fußballer zusammengestoßen ist, winkt sie ab und meint: „Man muss zwar auf den Herrn Vögerl und den Herrn Fuchs aufpassen, wenn man gegen das Lehrerteam spielt, aber das mit dem Knie bin ich gewohnt. Das schwillt oft an, wenn ich Fußball spiele.“ Ich will ihr gerade noch raten, es ein bisschen hoch zu legen, da lässt sie den Coolpack fallen und läuft zurück aufs Spielfeld. Ihr Team, die „Sportsfreunde Auer“, treten im Halbfinale gegen die BI10do an. Dass wir schon so weit sind, habe ich gar nicht mitbekommen. Auf dem gegenüberliegenden Feld messen sich im zweiten Halbfinale die Lehrer mit der Flüchtlingsklasse BI11m und unterliegen knapp mit 0:1.

Im anderen Spielfeld ist lauter Jubel zu hören. Trotz ihrer Knieverletzung hat Steffi für die „Sportsfreunde Auer“ ein Tor geschossen und Mädchen-Tore zählen doppelt. Die Mannschaft steht im Finale.

Jetzt geht es um den Pokal. Der Platz ist umstellt von Klassenkameraden, Freunden, Lehrern und anderen Fußballbegeisterten. Es wird ein hartes Duell, denn es ist viel Kampfgeist im Spiel. Für mein Empfinden sogar etwas zu viel, denn die Gemüter einiger Spieler kochen schnell hoch und die Schiris haben einiges zu tun, für Ruhe auf dem Platz zu sorgen. Ruhig bleiben müssen auch die Schülerinnen der WS10b, die als Organisationsteam die Spielzeit im Blick haben und sich nicht von den hitzigen Rufen der Zuschauer ablenken lassen dürfen.

Nach zehn Minuten Spielzeit ist alles vorbei. Die BI11m steht mit 3:2 als Gewinner fest und lässt sich feiern. Der Wanderpokal wird übergeben und obwohl das Fairplay im letzten Spiel etwas gelitten hat, schütteln sich die Mannschaften die Hände und ich freue mich, dass die größte Verletzung heute ein umgebogener Zehennagel war, der professionell verbunden werden konnte.

Andrea Scheitler, 20.07.2018